Freitag, 5. Juli 2013

Bürger zwingen EU in die Knie

Als Unterstützer des Filprojektes veröffentlichen wir den Aufruf  "Bürger zwingen EU in die Knie" der Initiative "Wer Rettet Wen"
Autoren: Who Is Saving Whom? <film@whos-saving-whom.org>

Sehr geehrte Damen und Herrn,

„*Bürger zwingen EU in die Knie*“, titelt die konservative FAZ und verkündet damit den Erfolg des ersten EU-weiten Referendums „right2water. Mehr als 1,6 Millionen BürgerInnen aus 11 Ländern hatten mit ihrer Unterschrift dagegen protestiert, dass mit dem Zwang der Ausschreibung die Privatisierung der kommunalen Wasserversorgung eingeleitet wird.  Nun verzichtet die EU nach dem Vorschlag des EU-Kommissars Barnier auf die Konzessionsrichtlinie  für Wasser. Dies ist ein bemerkenswerter Erfolg der Demokratie in einer EU, die ansonsten mehr auf große Konzerne hört.

Wir und alle, die dazu beigetragen haben, sind dabei besonders stolz, dass unser /„Film von unten“/ „Water Makes Money“ in vielen, vielen hundert Veranstaltungen einen erheblich Anteil an diesem Sieg über die Wasserkonzerne hat. Das gibt Mut und Vertrauen in die Kraft der Aufklärung, die Macht der vielen Kleinen gegen die mächtigen Großen!

*Dennoch: Demokratie ist in Gefahr*

Gerade zurück von umfangreichen Dreharbeiten in Griechenland zu „*Wer Rettet Wen?* <http://www.wer-rettet-wen.org/index.php/de/ >,  dem neuen „/Film von unten/“, stehen wir noch ganz unter dem Eindruck eines Landes, in dem Demokratie zur wohlfeilen Floskel verkommen ist.  Auf eine Interviewanfrage an den griechischen Finanzminister bekommen wir zur Antwort, augenblicklich stehe das ganze Ministerium Kopf. Alle seien hochnervös, weil wieder die Troika im Anmarsch ist. Tage später im Abenddunkel rollen Panzer durch Athen, wie zuletzt zu Zeiten der Diktatur. Überall dort, wo nicht genügend Menschen Widerstand leisten, werden die Einrichtungen des öffentlichen Radios und Fernsehen von bewaffneten Einheiten besetzt. Die Bildschirme werden schwarz, Radios schweigen. Nur vor dem zentralen Sendezentrum in Athen haben sich rechtzeitig Tausende versammelt, bereit der Räumung Widerstand zu leisten. Ihrem Mut ist es zu verdanken, dass die Einsatzkräfte letztlich zurückschrecken, gegen diese Masse von Menschen und die Besetzung des Senders vorzugehen. Bis heute wird das Gebäude verteidigt. Und das Programm des öffentlichen TV und Radio ERT ist weiter zu sehen und zu hören mit Hilfe der Hackerorganisation „Anonymos“, die auch uns schon half bei dem Hackerangriff auf unsere Webseiten und unser Studio. Mal läuft nun ERT auf der Webseite des Finanzministeriums, dann auf der des Parlaments ..…

*Die Hintergründe der Schließungsverfügung *

enthüllen die übergangenen Koalitionspartner des griechischen Regierungschefs Samaras: Die inzwischen eingetroffenen Troika hatte unmissverständlich die sofortigen Entlassung von mindestens 2000 Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes gefordert. Sonst würde die nächste Zahlung storniert. Derart in die Enge gedrängt, glaubte Samaras mit einer einsamen Entscheidung einen gordischen Knoten zu durchtrennen. Die Schließung von ERT erlaubte ihm, der Troika auf einen Schlag 2600 entlassene Beschäftigte des öffentlichen TV und Radio zu präsentieren!
Nebenbei wurde die letzte potentiell kritische Stimme einer nun nur noch aus Privaten bestehenden Medienlandschaft erstickt.

*Demokratie suspendiert*

Schon im Frühjahr vergangenen Jahres mussten die drei Regierungsparteien unterschreiben, dass sie in Zukunft jederzeit den Anweisungen der Troika folgen – ganz unabhängig davon, welche Abgeordnete dieser Parteien bei den nächsten Wahlen ins Parlament kommen. In Wahrheit regiert die Troika, und das Memorandum vom März 2012 hat die griechische Verfassung außer Kraft gesetzt. Gleichzeitig hat dieser Griechenland aufgezwungene Vertrag die Schulden des Landes auf uns europäische Steuerzahler transferiert. D.H. wir haften jetzt größtenteils für diese Schulden. Die bisherigen Gläubiger, private Banken, wurden von jedem Risiko befreit.
Gleichzeitig regelt das Memorandum, dass die Schulden nun nicht mehr griechischem Recht, sondern dem gläubigerverbundenen englischen und luxemburgischen Recht unterliegen. Die Chancen für einen künftigen wirklichen Schuldenschnitt sollte für Griechenland damit ausgeschlossen werden. Eine ausweglose Situation für ein Land, in dem per Erlass die Löhne nahezu halbiert und die sozialen Sicherungssysteme praktisch abgeschafft wurden. Vor diesen und anderen „Rettungsmaßnahmen“ betrugen die griechischen Staatsschulden ca. 115% des Bruttosozialprodukts. Jetzt sind es 192% – Tendenz steigend!

*IWF stellt klar: Es ging nur um Bankenrettung*

Pikant, was jetzt der IWF – eine der drei Troikamächte – dazu
veröffentlichte: Man habe sich 2009 mit der Forderung nach einem klaren Schuldenschnitt nicht durchsetzen können. Dies hätte nur ein Bruchteil der bisher vergebenen „Hilfen“ gekostet und Griechenland die Möglichkeit des wirtschaftlichen Neubeginns eröffnet. Doch aus Rücksicht auf die beteiligten Banken – vor allem deutschen und französischen Banken – hätten man darauf verzichtet, um diesen erhebliche  Verluste zu ersparen.  Die zwei anderen IWF-Mächte – die EU und die Europäische Zentralbank – haben dann im Auftrag der Banken den griechischen Schuldenschnitt 2009 verhindert. Jetzt haben wir es schwarz auf weiß:
Nie ging es um die Rettung Griechenland, das Ziel war nur die Bewahrung großer Banken vor jeglichem Verlust.

*Natürlich auf Kosten eines Großteils der griechischen Bevölkerung*.

So hat man es geschafft, ein ganzes Land in die Schuldenfalle zu locken, erpressbar zu machen. Erpressbar für ein in Europa bisher einmaliges neoliberales Experiment. Hier wird exekutiert, wovon schon Reagan, Milton Friedman, Thatcher und auch die griechischen Reichen seit langen
träumten: Die Abwicklung der Sozialversicherung, die Reduzierung der Renten auf Hungerniveau, die Abschaffung des Streikrechts, die Menschen jeglicher Rechte zu berauben und zu demütig Bittenden zu machen. Es ist erschütternd, was dies aus Menschen  in Griechenland schon gemacht hat.
Es weigert sich in uns zu denken, was da noch folgen wird.

*Und es macht Angst. *

Dieses Experiment wird nicht auf Griechenland beschränkt bleiben. In Spanien, Portugal, Irland und auch schon in Italien wird es bereits fortgesetzt. Und Versatzstücke, wie die Deregulierung der Arbeitsverhältnisse, Werkverträge, Leiharbeit und Befristung als Regelfall haben sich auch in Deutschland schon durchgesetzt.

*Doch Solidarität macht Mut*

Während wir in Griechenland drehten, wurden weitere 20.000€€ für den Film *Wer Rettet Wen?* <http://www.wer-rettet-wen.org/index.php/de/> gespendet. Mehr als tausend FörderInnen haben so nun schon mehr als 80.000€ zusammengetragen! Doch jetzt nicht locker lassen. Wir sollten bis Herbst mindestens 120.000€ € „Filmförderung von unten“ erreichen.

Es grüßt herzlich Ihr WerRettetWen- Filmteam.
Leslie Franke, Elisabethi Dobbler und Herdolor Lorenz

film@whos-saving-whom.org <mailto:film@whos-saving-whom.org>|
www.wer-rettet-wen.org <http://www.wer-rettet-wen.org/>|

Freitag, 22. Februar 2013

Der nächste Crash kommt!


Einladung zur Perspektiventagung am 15./16. März in Essen.
Die Kaufkraft der Beschäftigten sinkt seit vielen Jahren. Die Konzentration von Vermögen nimmt weiter zu. Der Handlungsspielraum öffentlicher Kassen ist europaweit gefährlich eingeschränkt. Wichtige Notenbanken sehen sich nicht mehr in der Lage, die Geldwertstabilität zu sichern. Die sozialen und ökonomischen Krisen haben gemeinsame Ursachen im Finanzsektor. Die grundlegenden Fehlentwicklungen werden auch mit der Einführung einer Finanztransaktionssteuer nicht behoben. „Von einer stabilen, der Realwirtschaft dienenden Finanzwirtschaft sind wir weiter entfernt denn je“, sagt der renomierte Ökonom Prof. Max Otte.
Die Auflösung gesellschaftlicher Widersprüche ist möglich. Am 15. und 16. März analysieren namhaften Experten und Politiker im Rahmen der Perspektiventagung-Essen die Konstruktionsfehler der jetzigen Geld- und Wirtschaftsordnung. Die Akteure stellen Impulse für den notwendigen gesellschaftlichen Wandel vor. In vier Foren stellen die Professoren Thomas Huth, Dirk Löhr und Johann Walter, der Regierungspräsident a.D., Jürgen Büssow, der Präsident des Thüringer Landesamtes für Verbraucherschutz, Detlef Wendt, Fritz Andres und Christian Gelleri vom Regiogeldverband ihre Forderungen zur Diskussion.
Veranstalter sind die Sozialwissenschaftliche Gesellschaft (SG), das Forum Ökologisch- Soziale Marktwirtschaft (FÖS) die Initiative für Natürliche Wirtschaftsordnung (INWO) und die Volkshochschule Essen. Die Perspektiventagung findet im Gebäude der VHS Essen statt. Das Programm und Anmeldeinformationen finden Sie unter www.perspektiventagung.de.
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Mittwoch, 19. Dezember 2012

Grundsterer zeitgemäß gestalten


Die INWO unterstützt den

Aufruf "Grundsteuer:Zeitgemäß!"
Der Aufruf wurde von mehreren Bürgermeistern aus verschiedenen Bundesländern, dem Naturschutzbund
Deutschland e.V. (NABU) sowie Prof. Dr. Dirk Löhr von der Hochschule Trier erarbeitet und heute veröffentlicht. Die entsprechende Internetseite www.grundsteuerreform.net ist freigeschaltet. Der Aufruf richtet sich an die
Finanzminister der Länder und an die kommunalen Spitzenverbände. Bereits zahlreiche weitere Bürgermeister und Verbände unterstützen den Aufruf. Die Unterzeichner wollen, dass im Vorfeld der bevorstehenden Reform der
Grundsteuer auch Varianten untersucht werden, bei denen nicht mehr Boden und Gebäude, sondern nur noch der Boden besteuert wird. Eine solche rein bodenbasierte Grundsteuer befördert Investitionen in Gebäude, stärkt die
Ortskerne, hilft Natur und Landschaft vor weiterer Zersiedlung zu bewahren und hat zahlreiche weitere soziale und wirtschaftliche Vorteile. Über die Internetseite www.grundsteuerreform.net können sich Bürgermeister, Verbände
und auch private Unterstützer dem Aufruf anschließen. Jede Stimme zählt!"
Machen Sie mit und tragen Sie di Inintiative in Ihren Verband, führen Sie die Diskussion in Ihrer Partei oder in Ihrem Parlament. Bringen Sie Bewegung in die gesellschaftliche Diskussion.

Dienstag, 17. Juli 2012

Geldsysteme sind kein Naturgesetz

Im Handelsblatt schreibt Herbert Walter, der ehemalige Chef der Dresdner Bank, am 22.05.12 "Geldsysteme sind kein Naturgesetz". Der sehr lesenswerte Artikel zeigt, dass auch maßgebliche Entscheidungsträger die Selbstzerstörungsdynamik unseres Geldsystems erfassen können. Mit seinen zentralen Thesen könnte Herbert Walter Ehrenmitglied der INWO werden. Hierzu und zu weiteren Medienerscheinungen gibt es Kommentare im INWO-Medienspiegel. Außerdem hat Beate Bockting mit Herbert Walter ein Interview für die FAIRCONOMY-Zeitschrift geführt.

Freitag, 29. Juni 2012

Offener Brief zur ESM Abstimmung im Bundestag

Folgend dokumentieren wir einen offenen Brief des "Bündnis für die Zukunft"


An alle Mitgl. des Dt. Bundestages
Platz der Republik
D-11011 Berlin

Offener Brief
zur bevorstehenden Abstimmung über den Fiskalvertrag
sowie über den dauerhaften Euro-Rettungsschirm (ESM), am 29. Juni 2012.
Hannover, 27. Juni 2012
Sehr geehrte Mitglieder des Deutschen Bundestages (und sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates).
Die Einigkeit Europas in seiner Vielfalt muss erhalten bleiben.
Bitte zerstören sie die politische Annäherung und kulturelle Vielfalt Europas nicht, indem sie einzelne
Staaten aus dieser Gemeinschaft entfernen, nur weil diese die Wünsche der Kapitalbesitzer nach
leistungslosem Profit nicht mehr erfüllen können.
Die eigentliche Ursache der Finanz-, und Wirtschaftskrise liegt in der ständigen leistungslosen
Selbstvermehrung des Geldes durch Zins und Spekulation, die bei allen Investitionen in die
Realwirtschaft „abschöpfend“ beteiligt sein will und nur dort Geld zur Verfügung stellt, wo dieser Tribut
in der gewünschten Höhe entrichtet wird.
Einer übernationalen Finanzbehörde deshalb unumkehrbare Machtbefugnisse zu erteilen, ist der
Einstieg in eine weltweite Finanzdiktatur. Die Abhängigkeiten Europas von den Internationalen
Finanzmärkten werden damit nicht beseitigt, sondern dauerhaft festgeschrieben. Außerdem wächst so
die Gefahr von sozialen Unruhen, bis hin zu kriegerischen Auseinandersetzungen.
Die gesellschaftszerstörende Funktionsweise des Schuldgeldsystems muss darum durch ein
umverteilungsneutrales und umlaufgesichertes Geldsystem ersetzt werden.
Das durch ein exponentielles Wachstum unrechtmäßig entstandene Geldvermögen mit seinen
unerfüllbaren Tributforderungen muss durch ein Schulden- und Zinsmoratorium gestoppt und durch
eine gerechte Geldreform zukunftsfähig gemacht werden.
Bitte bewahren Sie die politische Einigkeit und kulturelle Vielfalt Europas, indem Sie die dezentralen,
innerstaatlichen Zuständigkeiten besonders im Finanzbereich erhalten und ausbauen, statt unsere
demokratischen Gestaltungsmöglichkeiten einer finanzgesteuerten Europaregierung zu übereignen.
Denn schon der Dynastiegründer Mayer Anselm Rothschild verkündete: „Gib mir die Kontrolle über das
Geld einer Nation und es interessiert mich nicht mehr wer dessen Gesetze macht.“
Bitte stimmen Sie auch gegen diese Verträge, weil die Bundesregierung sie „verfassungswidrig“, unter
vorheriger grober Missachtung des Informations- und Mitwirkungsrechts des Parlamentes, durchsetzen
will.
- www.buendnis-zukunft.de -

Dienstag, 29. Mai 2012

Eine eurogedeckte und umlaufbeschleunigte Komplementärwährung für Griechenland

Plausible Lösungen für Griechenland werden in der Presse nur wenige diskutiert. Die meisten Vorschläge sind leicht modifizierte Altlasten, deren Wirkungslosigkeit oder Widersprüchlichkeit schnell aufgelistet sind. Ein wirklich plausibler und neuer Weg ist das Express-Geld. Wir dokumentieren eine Pressemitteilung vom 23.5.2012 und ergänzen sie mit unserer Forderungen an fortschrittliche Ökonomen: Wagt die entscheidende Innovation, setzt was wirklich Neues um und bringt es zum Erfolg.

Vier Möglichkeiten für Griechenland

Eine eurogedeckte und umlaufbeschleunigte Komplementärwährung ist der beste

Weg

von Christian Gelleri und Thomas Mayer

Angesichts der Neuwahlen in Griechenland am 17. Juni ist die Zukunft
Griechenlands im Euro wieder offen. Dabei ist die Frage ´Euro oder Drachme?`
falsch gestellt, denn es gibt konstruktive Wege dazwischen. Viele Volkswirte haben
inzwischen für Griechenland die Einführung einer Parallelwährung in verschiedenen
Modellen vorgeschlagen. Welche Möglichkeiten hat Griechenland jetzt und was sind
die Auswirkungen?

1. Lange Durststrecke durch Umsetzung der Sparmaßnahmen:

Bei Einhaltung des Konsolidierungsplanes würde Griechenland weiterhin die
Unterstützung der EU, der EZB und des IWF erhalten, zahlungsfähig bleiben und
zusätzlich Gelder aus dem EU-Strukturfonds erhalten, die etwa 2% des
Bruttosozialprodukts ausmachen. Doch trotz aller staatlichen Sparmaßnahmen
werden die Schuldenberge weiter wachsen, die Rezession mindestens zwei Jahre
andauern, die Arbeitslosigkeit auf einem hohen Niveau verharren und die Verarmung
weiter zunehmen. Damit sinken die Löhne weiter, was notwendig ist, um die
Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Dies alles führt zu einer Verbitterung und
Radikalisierung in der Bevölkerung, die keinen Aufschwung erlebt.

2. Chaotischer Zusammenbruch durch Austritt aus dem Euro:

Wenn die neue Regierung das mit EU, EZB und IWF vereinbarte Rettungspaket
kündigt oder nicht weiter umsetzt, werden die Hilfszahlungen ganz oder teilweise
gestoppt. Zunächst würde der griechische Staat zahlungsunfähig und könnte
Gehälter, Renten, Lieferanten und den Schuldendienst nicht mehr bezahlen.
Aufgrund der Zahlungsunfähigkeit akzeptiert die EZB griechische Staatsanleihen
nicht mehr als Kreditsicherheit und damit sind alle griechischen Banken von der
Geldversorgung abgeschnitten und pleite. Gleichzeitig beginnt ein panikartiger Bank-
Run und Geldtransfer ins Ausland. Es wird so chaotisch, dass der Staat nur mit einer
zeitweiligen Sperrung der Grenzen, Einfrieren aller Konten und Wiedereinführung der
Drachme reagieren kann und Griechenland gleichzeitig aus dem Euroraum und der
EU austreten muss. Alle bestehenden Euroguthaben werden zwangsweise in
Drachme getauscht. Diese wird vermutlich bis zu 50% gegenüber dem Euro
abwerten, womit sich der Preis für alle Importwaren verdoppelt. Die Bevölkerung hat
über Nacht einen großen Einkommensverlust, Außenhandel ist nur noch gegen
Barzahlung möglich, Unternehmen haben Schwierigkeiten Rohstoffe und
Vorprodukte aus dem Ausland zu finanzieren. Das griechische Bruttoinlandsprodukt
würde nach Schätzungen um weitere 20% einbrechen. Zwar würde langfristig die
griechische Wirtschaft durch die starke Abwertung profitieren, doch zunächst müsste
der schockartige Einbruch verdaut werden.
Da der griechische Staat keine Euro mehr zur Verfügung hat, stehen alle
ausländischen Gläubiger vor einem weiteren radikalen Schuldenschnitt. Deshalb gibt
es Schockwellen in den internationalen Finanzmärkten. Allein Deutschland würde ein
Austritt bis zu 80 Mrd. Euro kosten. Vor allem aber könnte der Austritt Griechenlands
einen Dominoeffekt auslösen mit verheerenden ökonomischen und sozialen Folgen
für die gesamte Eurozone.

3. Mehr Wettbewerbsfähigkeit durch eine stark abgewertete Parallelwährung:

Ein Euroaustritt mit seinen negativen Wirkungen könnte vermieden werden, wenn der
Euro und eine neue Parallelwährung gleichzeitig gelten. Dies schlug zum Beispiel
der polnische Notenbankchef Marek Belka und der Chefvolkswirt der Deutschen
Bank Thomas Mayer vor, der sie "Geuro" nennt. Parallelwährungen für Griechenland
wird unter Volkswirten seit Monaten diskutiert. (Alle Konzepte sind auf
http://www.eurorettung.org/103.0.html dokumentiert).
Die Kernidee ist, dass der Staat beginnt ganz oder teilweise seine Ausgaben in
Schuldscheinen bzw. einer neuen Parallelwährung zu bezahlen. Entsprechend
weniger Euro-Hilfskredite benötigt er. Die Parallelwährung könnte entstehen durch
Schuldscheine des Staates, eine neue Notenbank oder durch Verbriefungen
staatlichen Eigentums.
Trotz der Einführung der Parallelwährung bleiben die bestehenden Eurokonten
unangetastet, so dass ein Bankrun und Panik in der Bevölkerung vermieden und die
Ersparnisse geschützt werden. Der neue Geuro ist gegenüber dem Euro frei
konvertierbar und wird deshalb vermutlich bis zu 50% abwerten. In Griechenland
würden die Waren also doppelt ausgezeichnet, Preis in Euro und aktueller Preis in
Geuro. Ausländische Waren werden für die Griechen entsprechend teurer, Exporte
aus Griechenland aber wesentlich billiger, was langfristig die Wettbewerbsfähigkeit
verbessert und der exportierenden griechischen Wirtschaft und dem Tourismus
Aufwind gibt. Gleichzeitig steigt die Inlandsnachfrage, denn ausländische Waren
werden unbezahlbar. Daraus ergeben sich notwendige Wachstumsimpulse für die
griechische Wirtschaft.
Da aber alle bestehenden in- und ausländischen Kredite in Euro lauten und deshalb
durch die abgewerteten Geuro-Einkommen nicht mehr bedient werden können,
müssen diese anteilig per Gesetz auf Geuro umgeschrieben werden. Für
ausländische Gläubiger bedeutet dies ein Verlust, es sei denn der Geuro würde im
Laufe der Jahre durch eine gute Haushalts- und Wirtschaftspolitik wieder an den
Euro anschließen. Da sich die griechischen Banken in Euro refinanziert haben, aber
jetzt Geuro-Kredite haben, müssen sie hohe Abschreibungen vornehmen, die sie
selber nicht verkraften können und müssen deshalb nochmal von der EU und der
EZB gestützt werden.
Durch eine frei konvertierbare Parallelwährung würden also die katastrophalen
Folgen eines Euro-Austrittes vermieden. Die drastische Abwertung trifft zunächst
Kunden und Unternehmen und macht große Probleme mit bestehenden Euro-
Krediten, doch langfristig wird die Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Wirtschaft
verbessert. Der Aufschwung wäre absehbarer und Griechenland könnte früher aus
dem Schutz der Rettungsschirme entlassen werden. Deshalb ist diese Variante für
die anderen Euroländer vermutlich billiger als die beiden obigen Varianten.
Griechenland hätte Zeit sich zu entwickeln, bis irgendwann der Geuro nicht mehr
notwendig ist.

4. Konjunkturmotor und sanfter Weg mit Expressgeld:

Die Komplementärwährung, die von Christian Gelleri und Thomas Mayer (einem
Namensvetter des Deutsche Bank Chefvolkswirtes) in der Studie "Expressgeld statt
Euroaustritt" entwickelt wurde, ist anders konstruiert. Die Autoren gründeten vor zehn
Jahren den Chiemgauer, das größte Regiogeld Deutschlands und übertragen diese
Erfahrungen auf Griechenland.
Das Expressgeld ist an den Euro gekoppelt und durch hinterlegte Euro gedeckt und
wird vom Staat zusammen mit der Notenbank in Umlauf gebracht. Bei einem
Rücktausch von Expressgeld in Euro fällt eine Umtauschgebühr (Abflussbremse) von
10% an. Damit wird erreicht, dass das Geld im Land bleibt und das Expressgeld
gegenüber dem Euro etwas abgewertet ist, was der griechischen Wirtschaft nützt.
Dieser feste Wechselkurs ist für Unternehmen klar kalkulierbar und für die
griechische Bevölkerung verträglich. Durch die feste Koppelung an den Euro müssen
keine Eurokredite umgeschrieben werden, entsprechend fallen keine weiteren
Abschreibungen bei griechischen Banken an. Griechenland kann vollwertiges
Mitglied des Eurosystems bleiben, die griechische Notenbank hat nur die
Zusatzaufgabe Euro in Expressgeld zu tauschen. Für die Deckung des für
Griechenland notwendigen Expressgeldes sind etwa 13 Milliarden Euro notwendig,
diese müssen nicht extra finanziert werden, der Staat wechselt Euro in Expressgeld
und bezahlt damit seine Ausgaben.
Neben der Eurodeckung und Abflussbremse ist das Expressgeld vor allem mit einem
Umlaufimpuls versehen. Durch eine Nutzungsgebühr von 8% im Jahr wird der
Geldfluss beschleunigt, was die Wirtschaft antreibt. Die Grundidee ist: Wenn kein
zusätzliches Geld in die Wirtschaft eingeführt werden kann, weil es nicht da ist oder
sofort wieder abfließt durch Importe oder Geldflucht, muss man das vorhandene Geld
besser nutzen (Liquiditätsoptimierung). Wenn alle Beteiligten ihr Verhalten ändern
und das Geld schneller ausgeben, wird die Binnennachfrage massiv gestärkt und
Griechenland könnte nach Berechnungen schnell aus der Rezession
herauskommen. Eine Verdoppelung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, soweit
es in der Realwirtschaft bleibt und freie Kapazitäten vorhanden sind, führt zu einer
Verdoppelung des Bruttosozialproduktes.
Das Expressgeld fügt sich also nahtlos in das Eurosystem und die bestehenden
Vereinbarungen mit der Troika ein. Es gibt keine Probleme mit Eurokrediten. Durch
eine 10%-Abwertung wird die Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands verbessert und
der Umlaufimpuls initiiert ein starkes Wirtschaftswachstum, das zu neuen
Arbeitsplätzen und mehr Steuereinnahmen führt. Den anderen Parallelgeld-
Konzepten fehlt dieser Konjunkturmotor, das Wachstum soll durch eine schmerzende
Abwertung entstehen. Dagegen vermeidet das Expressgeld alle finanziellen Schocks
und weitere Verbitterung der Bevölkerung und ist deshalb der sanfteste Weg zu
einem Aufschwung. (Weitere Infos zum Expressgeld unter http://www.eurorettung.org)

Kontakt:
Thomas Mayer, Tel. 0049-831-5709512, thomas.mayer@eurorettung.org,
www.eurorettung.org
Christian Gelleri, Tel. 08031-4698039, christian@gelleri.com, www.chiemgauer.info

Dienstag, 15. Mai 2012

Schwafeln oder denken

In Talkshows und Presserunden werden Auswege aus der Krisenentwicklung in bisher nicht gekanntem Ausmaß diskutiert. Erschreckend dabei ist nicht nur, dass längst widerlegte Ansätze aufgewärmt werden. Auch die Argumentation ist oft in sich widersprüchlich und vor allem werden Konsequenzen für vorgeschlagene Maßnahmen nicht zu Ende gedacht. Es fehlt an der Bereitschaft, Kausalitäten darzustellen und den Ursachen auf den Grund zu gehen.

Drei beliebte Ungereimtheiten:
Alle wollen Wachstum, doch keiner sagt genau, welches, wie viel und mit welchen Konsequenzen.
Staaten sollen sparen und Steuergelder effizienter einsetzen, als wenn man dies nicht schon seit Jahrzehnten versucht.
Der Markt soll mit billigem Geld versorgt werden. Dass diese Geldschwemme letztlich zur Geldentwertung führt, wird lieber verschwiegen.


Helmut Creutz fordert, die Zusammenhänge klar zu benennen. Nur wenn Ursache und Wirkung richtig erkannt werde, kann man die richtigen Schlüsse ziehen.


Weil, weil, weil….
Von den monetären Kettenreaktionen in unseren Volkswirtschaften und warum sie ständig wachsen und letztendlich kollabieren müssen!

Weil unsere Volkswirtschaften nur bei einem geschlossenen Geldkreislauf funktionieren, müssen alle Ersparnisse und Geldvermögensüberschüsse über Kredite wieder in die Wirtschaft zurückgeführt werden.

Weil diese Rückführungen heute nur über Zinsbelohnungen funktionieren, nehmen diese Geldvermögens-Überschüsse, aufgrund des Zinseszins-Effekts, jedoch mit wachsender Beschleunigung zu und damit auch der Kreditaufnahmezwang.

Weil das Wachstum der Wirtschaft mit dem der Geldvermögen schließlich nicht mehr Schritt halten kann, müssen die sich weiterhin vermehrenden Überschüsse zunehmend über Staatsverschuldungen in den Kreislauf zurückgeführt werden.

Weil jedoch auch diese Kreditaufnahme-Möglichkeiten der Staaten sehr bald an Grenzen stoßen, kommt es zu einem Ausweichen der Geldvermögen in die Spekulation und damit zu Exzessen, wie wir sie seit zehn Jahren erleben.

Weil sich schließlich selbst die Banken an diesen Spekulationen beteiligen müssen, kommt es auch hier zu astronomischen Verlusten, die am Ende von der Politik mit Steuergeldern aufgefangen werden müssen.

Weil mit diesen „Rettungsschirmen“ die Belastungen der Staaten noch mehr zunehmen, bleiben schließlich nur noch radikale Einsparungen bei Investitionen, Sozialausgaben oder Löhnen.

Weil diese Einsparungen die Verbraucher-Kaufkraft jedoch ebenso gefährden wie den sozialen Frieden, ist der einzige Ausweg die Flucht in noch mehr Wirtschaftswachstum, ohne Rücksicht auf die Umwelt.

Doch weil dieser Spielraum zwischen Rettung des sozialen Friedens auf Kosten der Umwelt, oder Rettung der Umwelt auf Kosten des sozialen Friedens immer kleiner wird, ist diese Alternative inzwischen ausgereizt! - Es sei denn, man dreht endlich jene „Flamme unter dem Kessel“ kleiner, die ihn immer mehr „zum Überkochen bringt“! Denn wenn in einem Organismus ein Teil rascher als das Ganze wächst, wie bei den Geldvermögen aufgrund des Zins- und Zinseszins-Effekts seit 1950 der Fall, kann dessen Kollaps nur eine Frage der Zeit sein! - Und „Dank“ der Blindheit unserer Wirtschaftswissenschaftler besteht auch noch die Gefahr, dass man nach diesem Kollaps (der schlimmer werden könnte als jener von 1929) wieder mit den gleichen Fehlern im System beginnt.

Helmut Creutz – 2012